Mehmet Kubaşık

Mehmet Kubaşık geboren in Hanobası, Türkei war ein kurdisch-alevitischer Einzelhändler mit deutscher Staatsbürgerschaft.1 Er wurde in seinem Kiosk in der Dortmunder Nordstadt vom NSU ermordet und war das achte Opfer der rassistisch motivierten Mordserie.

Kubaşık wuchs in Südostanatolien auf, leistete dort den Militärdienst gemeinsam mit İsmail Yaşar, einem späteren NSU-Opfer, und floh 1991 mit seiner Frau Elif und der gemeinsamen Tochter nach Deutschland. Nach einer Phase als Flüchtling ließ sich die Familie in Dortmund nieder. Mit seiner Ehefrau Elif hatte er neben der Tochter noch zwei Söhne, die beide in Deutschland geboren wurden. Im Jahr 2003 erhielten alle Familienmitglieder die deutsche Staatsbürgerschaft. Elif Kubaşık beschrieb dies als eine ganz bewusste Entscheidung: „Deutschland war für uns zur Heimat geworden.“2

Nach Tätigkeiten im Bau und Handel machte sich Mehmet Kubaşık selbstständig und betrieb zwei Jahre lang einen Kiosk in der Mallinckrodtstraße. Am 4. April 2006 wurde er gegen Mittag in seinem Laden mit zwei Schüssen getötet.

Nach dem Mord an Mehmet Kubaşık am 4. April 2006 wurde seine Familie bereits am nächsten Tag stundenlang von der Polizei verhört. Die Ermittler gingen fälschlicherweise von familiären oder kriminellen Hintergründen aus und befragten Witwe und Kinder getrennt nach angeblichen Drogen-, Mafia- oder PKK-Verbindungen. Auch die Wohnung wurde mit Spürhunden durchsucht, ohne dass etwas gefunden wurde. In der Nachbarschaft kursierten daraufhin Gerüchte, die Familie sei in kriminelle Machenschaften verwickelt, was zu jahrelanger Stigmatisierung führte.3

Wegen einer zufälligen Bekanntschaft mit İsmail Yaşar, einem weiteren NSU-Opfer, vermuteten die Ermittler zudem, beide hätten eine politische Organisation in der Türkei unterstützt und seien deshalb ermordet worden. Erst nach der Selbstenttarnung des NSU im November 2011 wurde eine rechtsterroristische Motivation als Ursache der Morde anerkannt

Mehmets Tochter Gamze Kubaşık wurde zu einer zentralen Stimme der Hinterbliebenen. Sie sprach gemeinsam mit Semiya Şimşek bei der zentralen Gedenkveranstaltung der Bundesrepublik 2012. Die Familie forderte auch im NSU-Prozess Aufklärung über lokale Unterstützernetzwerke. Hinweise auf mögliche Verbindungen des NSU zu Dortmunder Neonazis wie „Oidoxie“ und „Combat 18“ blieben im Verfahren weitgehend unbeachtet.4

Zum Gedenken wurde ein Gedenkstein vor Kubaşıks ehemaligem Kiosk verlegt. In der Nähe des Hauptbahnhofs entstand ein Mahnmal für alle NSU-Opfer. Im Jahr 2019 wurde ein Platz in der Dortmunder Nordstadt offiziell in Mehmet-Kubaşık-Platz umbenannt. Angehörige und Unterstützer*innen kämpfen weiterhin dafür, dass Mehmet Kubaşık nicht nur als Opfer erinnert wird – sondern als Mensch, Vater, Nachbar und Teil dieser Gesellschaft.

Eine Esskastanie an der Parkstraße Ecke Wittenbergstraße gedenkt Mehmet Kubaşık.

  1. Lehmann, Armin: NSU-Mord an Mehmet Kubaşık: Das Leben mit dem Schmerz, Tagesspiegel, 12.03.2013, 15:12 Uhr. ↩︎
  2. John, Barbara in Zusammenarbeit mit Vera Gaserow und Taha Kahya:„Ich habe mein Herz schon begraben: Elif Kubaşık, Ehefrau Mehmet Kubaşıks, erzählt“; in: Unsere Wunden kann man nicht heilen. Was der NSU-Terror für die Opfer und Angehörigen bedeutet, Herder 2014, S. 110–120, S. 111. ↩︎
  3. Vgl. Ebenda., S. 114. ↩︎
  4. NSU-Watch: Protokoll 156. Verhandlungstag – 06. November 2014, 06.11.2014. ↩︎